Sonntag, 31. März 2013

Kriegskosten Afghanistan+Irak


Die Kriege in Afghanistan und Irak selbst haben nach Bilmes fast 2 Billionen US-Dollar gekostet. Aber das sei nur ein Teil der Kriegskosten, die wesentlich auch durch die medizinische Versorgung und die Invaliditätsrenten der Veteranen verursacht würden. Und die würden erst in Jahrzehnten wirklich in die Höhe klettern. So würde die Zahlungen an die Veteranen des Vietnamkriegs und des ersten Golfkriegs auch jetzt noch steigen. Die Invalidenrenten für den Ersten Weltkrieg haben 1969 ihren Höhepunkt erreicht, für den Zweiten Weltkrieg Ende der 1980er Jahre. Nach 2001 hat die Bush-Regierung, um für das Militär zu rekrutieren, den Sold und Zuschüsse kräftig erhöht. Was kurzfristig die Schlagkraft und die Attraktivität des Militärs erhöhen sollte, wird aber dazu führen, dass erst 40 Jahre später die Koste ihren Höhepunkt erreichen.
Um die 2,5 Millionen Soldaten waren in Afghanistan und im Irak im Einsatz. Bis Ende 2012 sind 1,5 Millionen Soldaten heimgekehrt und haben den aktiven Militärdienst verlassen. Jetzt schon erhalten 56 Prozent der Afghanistan- und Irak-Veteranen medizinische Versorgung, alle Veteranen werden nach dem Dienst 5 Jahre lang kostenlos versorgt, und die Hälfte hat bereits Invalidenrente beantragt. Ein Drittel der Heimkehrenden wurden mit psychischen Störungen diagnostiziert, mehr als 250.000 erlitten eine traumatische Gehirnverletzung, oft einhergehend mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. Erfahrungen aus den vorhergehenden Kriegen zeigen, dass die Soldaten mit psychischen Störungen ein höheres Risiko für lebenslange medizinische Probleme haben.

Dienstag, 19. März 2013

Obelix



Startschuss. Alle liefen los, jeder bemüht, sofort auf die Innenbahn zu kommen. Ihn nannten sie Obelix nannten, doch jeder schien entweder einen Antrittsschritt mehr oder längere Schritte zu haben oder … Nichts davon. Obelix bremste einfach unbewusst seine Massen. Damit er niemandem als Hindernis vor die Nase liefe und die anderen zusätzlich Kraft kostete. Sie würden ihn sowieso oft genug überholen. Früher oder später, aber spätestens nach der ersten Runde hätte er seinen Platz. Von den 30 gestarteten Jungen der beiden Klassen den letzten ohne Chance, vorübergehend im Windschatten eines anderen sich einen Moment auf dessen Hacken zu konzentrieren. Diese Art der Ablenkung stand ihm nicht zu. Weit abgeschlagen würde er einsam im Rücken aller vorwärts rollen. Niemand sah ihn so, lästerte wieder. Außer dem Sportlehrer vielleicht, aber der stand auf der anderen Seite des Platzes.
Jeder normale Sportplatz war überall rund, richtiger oval, und es gab keinen Punkt, an dem man seinen Zwischenstand bestimmen konnte. Man hatte nur den Vordermann oder den keuchenden Atem der Verfolger. Obelix hatte beides nicht. Anders auf diesem alten Platz. Hier konnte Obelix den Kopf an der ersten Ecke heben und an der zweiten und der dritten, und jede Ecke verriet ihm, dass er ein, zwei, drei Viertel der ersten Runde geschafft hatte. Nein, diesmal würden sie ihn nicht neben der Bahn liegen sehen wie einen Fettfleck. Sie würden ihn nicht in der Hofpause danach verspotten. Dafür war er nämlich nütze, dass die anderen lachten. Heute nicht. Heute würden sie nicht lachen. Er würde die ganzen 30 Minuten laufen. Vielleicht noch die letzte Runde, nein, bestimmt die letzte Runde beenden. Dann würden sie ihn nicht hänseln, ob er seinen Schwanz sehen könne unter der Dusche. Was ging es sie nur an? Es war sein Bauch, sein Schwanz …
Eine ganze Runde war geschafft. 30 Runden würde er nicht schaffen, nicht 28, 24, 20, aber mit 14 wäre seine Leistung nicht mehr ungenügend wie sonst immer. Sonst war er glücklich gewesen, wenn er hatte „Seitenstechen!“ rufen können, man ihm die Schmerzen ansah und das das Aufgeben entschuldigte. Aber meist musste er eingestehen: „Ich kann nicht mehr!“ Keiner verstand, dass seine Beine nicht nur schwer waren und immer schwerer, die Herzschläge so laut, dass er kaum etwas anderes hören konnte, die Lunge nicht den nötigen Sauerstoff heranschaffte, er Kreise sah, Punkte, Farben vor Augen, die garantiert nicht da waren, er schwankte, sich hinwerfen wollte und sich nicht traute, denn er würde wieder aufstehen müssen und … dann sah er in den Augen derer, die ihn dabei beobachteten, nur eine Diagnose: FETT!
Das siebte Viertel begann. Die Beine hatten sich in Klumpen verwandelt. Wie Blei sagte man. Warum eigentlich? Die Dichte von Gold war doch viel höher. Warum fand niemand das lyrisches Bild, dass ihn die Beine wie ein riesiger Klumpen Gold auf den Boden zogen. Obelix fand es und er wusste, dass er davon niemandem erzählen würde, obwohl es war doch ein schönes Bild, sich vorzustellen, viele Kilo Gold hingen an ihm und er schleppte sie ins Ziel, wenn er sich bis ins Ziel schleppte.
Das achte Viertel. Nun ging es los. Obelix hörte das erste Keuchen hinter sich. Er war im Weg. Zeit, in eine der Mittelbahnen auszuweichen. Bei ihm kam es nicht so darauf an. Die ihn jetzt überholten, hofften noch auf eine gute Zeit. Er … durfte sich nicht einmal für einen Moment in den Windschatten eines der Schnellen kugeln, denn damit behinderte er ja die nächsten, die ihn auch überholen mussten. Hauptsache, er hielt einen, also seinen Rhythmus durch. Nicht schlapp machen! Gut gesagt – er WAR schlapp.
Manche Frösche oder Kröten hatten so komische Säcke, die sie aufpumpen konnten, bevor sie ihre Geräusche ausstießen, quakend, zitternd, lebensbegierig. Obelix kamen seine Schläfen so aufgepumpt vor. Würde er jetzt gleich zu quaken beginnen? Oder eher wie der verzauberte Prinz an die Wand, also praktisch auf den Platz geklatscht werden? Er hatte nicht mitgezählt, wer ihn alles überholt hatte. Es wahr wohl die elfte Gerade, als ihn die Ersten zum zweiten Mal überholten. Einmal aufblicken. Die dreißig Jungen hatten sich zu Grüppchen verklumpt. Zu zweit, zu dritt, ja, sogar zu fünft sich moralisch aneinander festhaltend. Nur Kalle und der Tiger überrundeten für sich allein.
Detlef und Ticke legten eine Pause ein. Ein paar Schritte, als spazierten sie hinterm Ziel, vorbeugen, strecken ... Dann liefen sie wieder weiter. Sollte Obelix auch …? Nein! Er wusste: Einmal nur und er würde nicht wieder loslaufen können. Jede Sehne lauschte auf das Kommando AUFHÖREN. Nein! Er würde nicht aufgeben!
Nur nein zu sagen ist eine schwache Energiequelle. Der Sportlehrer zeigte Obelix eine 5 und rief noch 15 Minuten. Aber das galt wohl eher den beiden, die gerade zum Überholen ansetzten. Obelix fehlte die Kraft, wie üblich in die Mitte auszuweichen. Die beiden aus der Nachbarklasse merkten es nicht. Sie umliefen ihn wie ein bewegliches Hindernis …
Die Müdigkeit hatte nun auch andere Goldbeine erreicht. Obelix sah von weitem noch wie eine Dampfwalze aus oder ein Stier. Arme angewinkelt, Kopf vorgebeugt. Doch er war kaum schneller als andere beim Wandern. Wer hätte schon bei ihm hingesehen. Welches Mädchen beobachtete schon einen Jungen, um sich über seine vergeblichen Mühen zu amüsieren und über den Schweiß, der bei ihm in stärkeren Strömen floss. Es war zum Heulen und eigentlich, wenn man nahe genug herangekommen wäre, hätte man es gesehen: Der Junge, den sie alle Obelix nannten, heulte wirklich, hilflos und im Bewusstsein, dass es sowieso niemand bemerken würde.
Die 30 Minuten waren fast um. Drei Mitschüler hatten zwischendurch aufgegeben. Sie lagen am Rande der Bahn. Der Sportlehrer winkte heraus heraus, wer an ihm vorbei wollte. In den Restsekunden war keine Runde mehr zu schaffen. Obelix erwischte das Ende der Zeit am Wendepunkt nach dem zweiten Viertel einer Runde. Wahrscheinlich war keiner mehr hinter ihm. Wenn er jetzt in langsamen Spazierschritt verfiele, würde es nur den wartenden Sportlehrer stören. Beschimpfte ihn der nicht immer? Zwei Jungen vor Obelix hatten die Situation genauso gesehen. Sie schlenderten ihre Restrunde. Wie oft mochten sie ihn zuvor überholt haben? Egal. Nun walzte er an ihnen vorbei. Auf der Mittelbahn wie bei ihm üblich.
Ein Viertel noch. Ecky vor ihm konnte sich nicht entscheiden. Fünf Schritte Trab, fünf Schlendergang, dann Schwung … Obelix hatte den Jungen einen Moment fixiert, abgeschätzt, er könnte es schaffen. Er stampfte auf, trat auf den Untergrund, als wollte er den für alle Demütigungen bestrafen, die andere ihm bereitet hatten. Obelix merkte, dass er entgegen jeder Vernunft beschleunigte. Er kam seinem Vordermann näher, näher, immer näher …
Es mochten die letzten drei Meter sein, auf denen er, Obelix, an Ecky vorbeizog. Begeistert riss er die Arme hoch. Sieg! Er war sozusagen auf Platz 24 eingekommen, denn sechs andere hatte er am Schluss noch überholt, mochten die ihn vorher auch überrundet haben. Nur undeutlich vernahm Obelix die Stimme des Sportlehrers: „Schade! Eine Runde fehlt. Du hast es wieder nicht geschafft ...“

Slov ant Gali