Mittwoch, 10. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (9)


... Nur ist das mit den Versprechen so eine Sache. Die sind leichter gegeben als ein Krug getöpfert werden kann. Und da diese Versprechen von Hand zu Hand gingen, wusste bald niemand mehr, wann wer welche Arbeit vorher darin gesteckt hatte. Die Menge der Versprechen und der Möglichkeiten, sie einzulösen, blieb aber lange noch klein. So hatten die meisten Angst, sie könnten die letzten sein, die sie einzulösen hätten und so war längst schon in nützliche Dinge hineingesteckte Arbeit da zum Tausch gegen die Versprechen, wenn dieses Geld sein Wunder vollbringen durfte. Es war höchstens ein Problem, dass die nützlichen Dinge immer weniger zu den Wesen passten, die sie hätten in erfüllte Wünsche verwandeln können. Die da am meisten arbeiteten und die so viele Wünsche hatten, bekamen so wenige Versprechen, ihre Wünsche zu erfüllen, während andere sich einen einzigen Wunsch zu erfüllen versuchten: aus vielen Versprechen, Wünsche zu erfüllen, immer mehr Versprechen zu machen, über die sie verfügten. ...

Dienstag, 9. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (8)


... Da kamen kluge Leute, die meist nur mit dem Kopf arbeiten, auf eine verblüffend einfache Idee: Wozu musste das, was erst einmal keinen persönlichen Nutzen haben sollte außer dem, einmal in einen Nutzen verwandelt zu werden, überhaupt einen anderen haben als eben das Versprechen, irgendetwas dagegen eingetauscht zu bekommen, was in einer bestimmten Zeit erarbeitet werden könnte? Und erst in dem Moment, in dem dieses Versprechen vorgelegt wird, bewiesenermaßen erarbeitet worden ist?
Eigentlich, so ist es ja immer, wenn man einen Zauber erfindet, war alles wie zuvor: Irgendwo steckte irgendwer Arbeit in irgendwas, was irgendwann ein anderer Irgendwer gegen ein anderes Irgendwas eintauschte, das er haben wollte, aber nicht machen konnte. Der andere hatte in sein Irgendwas auch schon Arbeit gesteckt. Nur zwischendurch verwandelte sich diese Arbeit in ein aufgeschriebenes Versprechen „Ja, du kannst mich wieder in etwas Nützliches eintauschen, was dir dann im Ausgleich zu mir gehört.“ ...

Montag, 8. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (7)


... Der Schmuck (das Gold) hat mit allen anderen getauschten Dingen eines gemeinsam: Bevor er gegen etwas Anderes getauscht werden kann, hat schon jemand Zeit hineingesteckt, das selten Schöne und Dauerhafte in der Natur zu finden und zu Schmuck zu machen. Bis er dort angekommen war, wo er Schmuck war, war er für den Zwischenbesitzer das Versprechen, ein Pferd werden zu können, ein Rind, Kleidung für den Winter, neues Werkzeug … alles was er an Wünschen erfüllt bekommen wollte – nur eben nicht unbedingt alle gleichzeitig erfüllbar … wenn es auch (bis zur Entscheidung) hätten viele verschiedenen Wünsche sein können. ...

Sonntag, 7. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (6)


... Und nun kommt der Moment, da weiß der, den der Äxtemacher trifft, einen, der hat, was der Äxtemacher will, und er, also der, der weiß und sich Händler nennt, würde tauschen, weil er braucht, was der Fremde hat zum Tauschen, um es dem Äxtemacher zu geben, aber mit dem Ergebnis, dass der Händler mindestens so viel für seine Zeit bekäme, mit der er die beiden zu erfüllenden Wünsche zusammenführte, wie die brauchten, um nicht nur ihre Wünsche zu erfüllen, sondern auch zusammenzukommen.
Was tun? Am leichtesten wäre es, es wäre etwas da, was jeder braucht oder wovon jeder weiß, dass er schnell einen trifft, der es braucht, dann kann jeder sagen, das lohnt sich: ich hätte mehr Zeit dafür aufwenden müssen, um zum Schluss zu bekommen, was ich eigentlich hatte haben wollen.
Schmuck ist da eine gute Sache, weil überall wer Schmuck will. ...

Samstag, 6. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (5)


... Was aber macht ein vernünftiges Wesen, wenn es Zeit in etwas steckt, das einen Anderen glücklicher machen könnte, damit der dafür etwas hergibt, was es selbst wünscht, um glücklicher zu werden? Sollte es denn 1000 Äxte herstellen, weil es das besonders gut konnte, ganz nützliche Dinge zwar, aber nur 20 andere Wesen hätten etwas dafür gegeben, was es haben wollte! Und eines wollte unser Äxtemacher bestimmt nicht: Äxte, also zumindest nicht mehr als eine, und nachher Äxte ansehen, die niemand haben wollte.
Unser Äxtemacher hätte natürlich vorher fragen können: Brauchst du eine neue Axt und gibst mir Milch für meine Kinder dafür? Wenn er alles so genau weiß, braucht er nur so viel Zeit ins Äxtemachen zu stecken wie er nachher für Milch usw. eintauschen kann. Aber er möchte ja etwas eintauschen, von dem er vorher nur weiß, dass er es bekommen möchte. Wer hat das denn? Wenn er das schon gewusst hätte, hätte er sich ja gleich mit ihm einigen können: Ich mach was ich kann und gebe es dir. Dafür gibst du mir, was du kannst, und gibst es mir. Beide wären glücklich damit, wahrscheinlich glücklicher noch, als hätten sie allein gemacht, was sie brauchten, waren die Sachen doch besser …

Freitag, 5. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (4)


... Bei all diesen Dingen wusste damals jeder vorher, wozu er es tun wollte, weshalb er seine Zeit verwendete, bevor das Tun seinen Zweck erfüllte. Und siehe: Wenn dann der Hunger kam, dann war die Frucht gereift und das Tier, das Untertan gemacht eingesperrt worden war, ließ sich seiner Eier, seiner Milch oder seiner Art Fleisch berauben – es hatte mehr davon, als es selbst brauchte.
Aber die Wünsche der Wesen wurden immer vielfältiger, sobald die einfachen einfacher zu erfüllen waren. Andererseits wurden immer mehr Dinge gebraucht, die keine Wünsche direkt erfüllten, sondern Geräte waren, später die Wünsche besser zu erfüllen. Mit Werkzeugen ließ sich kein Hunger verjagen und sie schmückten ihre Träger nur selten, aber wer welche hatte, der vervielfältigte die Möglichkeiten, später seinen Schmuck zu fertigen und dabei satt zu sein.
Immer weiter teilten sich dabei die Arbeiten die immer öfter auf etwas gerichtet war, was von Anfang an nur den konkreten Wunsch eines Anderen erfüllen sollte. ...

Donnerstag, 4. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (3)


... Aber da waren nicht alle Wesen genau gleich. Folglich wünschten sich die weiblichen Wesen und die männlichen nicht Kinder mit beliebigen Männern und Frauen, sondern von den einen mehr und den anderen weniger. Unglücklicherweise wollten aber viele der Weibchen dieselben Männer und die dieselben Frauen. Also mussten die einen wie die anderen viel Verstand darauf verwenden, auf sich aufmerksam zu machen, etwas anzubieten, was sie den Stärkeren gegenüber als die Besseren zeigte. Aus den Begegnungen zur Erhaltung ihrer Art wurden die fantasiereichen Spiele, die sie Liebe nannten und eines dieser Spiele hieß sich zu schmücken oder einander. Welch wunderbares Zeichen, dem Wesen, mit dem man seine Kinder hätte haben wollen, nicht nur verführerischer gegenüberzutreten als durch die Natur bestimmt, sondern dem geliebten Anderen ein Symbol der Verschönerung zukommen zu lassen. ...

Mittwoch, 3. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (2)


... In diesem Land machte jeder das, wovon er wusste, dass es nottat. Wenn wer Hunger hatte oder Durst – früher oder später bekam jeder mal Hunger, mal Durst – versuchte er zu sammeln, zu suchen, zu jagen und was immer ihm gerade sinnvoll schien, um den Hunger und den Durst zu vertreiben. Manchmal meinte es die Natur gut mit diesen Wesen und sie hatten schnell etwas gefunden gegen den Schmerz in den Gedärmen, manchmal aber schafften es zumindest die Schwächsten nicht und sie starben und andere gewannen Kraft aus dem Fleisch ihrer Kameraden.
Diese Wesen aber – ich erwähnte es schon – begannen allmählich, ihre Welt zu verstehen. Der erste Schritt dabei war die Erkenntnis, dass auch wenn man gesättigt war und frei von Durst, der nächste Hunger und der nächste Durst kommen würden. Überhaupt quälte die Natur mit noch so vielen anderen Plagen: Da war der Wind, der manchmal stärker war als schön und es war zu kalt für die Haut und die Wesen waren geteilt in weibliche und männliche und sie brauchten einander, damit sie zwar starben als die eine und der andere aber nicht als ihresgleichen und sie sich freuen konnten an Kindern, in denen sie sich selbst wiedererkannten und sich immer ein Stück mehr verstanden. ... 

Dienstag, 2. April 2013

Warum das Geld geboren wurde und es sterben wird wie anderes Menschliche auch (1)


Es geschah in einem Land, in dem der Wanderer einen Pfahl in die Erde hätte schlagen können, und in eine Richtung – er hätte es Westen genannt - loswandern können, und irgendwann wäre er wieder an eben diesem Pfahl angekommen, nur so spät eben, dass der Wanderer das Kind seiner Kindeskinder gewesen wäre. Genauso gut hätte er in die entgegengesetzte Richtung aufbrechen können – dann hätte er die Osten geheißen. Er hätte Fahrzeugen bauen müssen für viele Wasser und welche bauen können für die Wege über das flache und solche über das bergige Land. Dort lebten einst Wesen zusammen, die waren arm an Verständnis ihrer Welt aber schon reich an Wünschen, sie zu verstehen. Weil sie sie aber nicht verstanden, meinten sie, dass in die eine wie in die andere Richtung eine bemalte Mauer sei, an der alles endete und sie nannten die Mauer Horizont und sie liefen nur manchmal ein Stück in die eine und manchmal in die andere Richtung und die Mauer schien ihnen immer gleich fern. Nur die Füße sagten den Bäuchen, sie seien viel zu lange gelaufen und nichts als Hunger wäre dabei herausgekommen. ...