Slov ant Gali: Windflüchter
In
einem alten Fischerboot trafen sich zwei Dichter, um sich an einem
gemeinsamen Nachmittag versonnen von den Erlebnissen eines quälenden
zurückliegenden Jahres zu erholen. Sie hatten die Paddel auf den
Bootsboden gelegt und gaben sich schweigend dem Blick auf den
Strandabschnitt hinter ihnen hin. Welch menschlich tiefe Metapher,
dachte der eine: Bedrängt von feindlichen Lebensstürmen wird unser
Leben gebeugt, wendet sich ab von der peitschenden Übermacht der
feindlichen Kräfte. Jeder Tag könnte der letzte sein, an dem es uns
bricht. Und doch: Was sollen wir tun? Gerade an dieser so wenig
geeigneten Stelle haben wir Wurzeln geschlagen, bevor wir es bedenken
konnten und müssen unser Wachstum dem Wind abtrotzen. Gramgebeugt
werden wir alt, doch das Wissen, dass über uns die Sonne Licht
verstreut, strecken wir ihr unsere hungrigen Blätter entgegen in
Wind und Kälte und Regengepeitsche wie in den Pausen, in denen wir
mit dem eingeschlafenen Meer zusammen lachen, das wir doch lieben,
obwohl wir uns von ihm abwenden müssen. Wie schön, denkt der
zweite: Noch in solcher Ferne zeichnen die Risse in der Rinde Muster,
riecht man die salzige Luft, die diesem Baum seine waldfremde Form
gegeben hat. Das Grün ist anders von Blatt zu Blatt und doch so
frisch, weil nur kräftige Zweige sich dem Singen der Sommerregen
entziehen konnten. Verkrüppelt und stark zugleich. So sehen die
beiden Dichter denselben Baum und doch einen anderen und ihre
Gedanken beginnen die Farbpalette der Worte zu mischen und Gedichte
zu malen, die klingen werden, als wären sie in verschiedene Welten
gereist. Ein Baum ist es gewesen und zwei Lyrikbände füllten sich
in schweigender Stunde. So verschieden die beiden sind, so sind sie
doch wahr.
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